Der belgische Torwart Jean Marie Pfaff wurde 1953 im flandrischen Lebbeke geboren, hat diesen geographischen Zufall aber später korrigiert: „Jetzt bin ich ein Bayer“, sang er in der Manier eines Popstars und verriet auch gleich das Geheimnis, das ihn zu einem der erfolgreichsten Torhüter der Welt gemacht hat: Ordentlich Bier trinken und Leberkäs mit Eier essen. Ganz so einfach war es in Wirklichkeit sicher nicht – Tatsache ist aber, dass Pfaff in den 1980er Jahren mit dem FC Bayern München (fast) alle großen Titel holte, die es im Fußball zu vergeben gibt – und dafür unlängst vom Fußball-Idol Pelé sogar mit einem Ehrenplatz in der Liste der 125 besten noch lebenden Fußballer geehrt wurde.
Straßenfußballer mit Biss
Den Weg ins Tor der Bayern und in die Annalen des Weltfußballs hat Pfaff sich hart erarbeitet. Er wuchs zusammen mit elf Geschwistern in äußerst bescheidenen Verhältnissen auf. Seine große Liebe war der Fußball – für einen talentierten Jungen wie Jean Marie zudem der Weg, um den beengten Verhältnissen und der Armut zu entkommen. Auch wenn die Talentspäher in den 1960er Jahren noch nicht überall ihre Außenposten aufgestellt hatten, wurde sein außergewöhnliches Talent als Torwart schon früh erkannt. Bereits als Jugendspieler wechselte er zum SK Beveren, einem flandrischen Profiverein. Dort war er schon mit zwanzig Jahren Stammtorhüter, gewann den Vereinspokal und die Meisterschaft und schaffte schon früh den Sprung in die Nationalmannschaft.
Holpriger Start in die Weltkarriere
Durch seine herausragenden Leistungen bei der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien wurde man in München auf den langen Belgier aufmerksam. Der FC Bayern war auf der Suche nach einem Nachfolger für den legendären Sepp Meier. Mit Pfaff stabilisierte sich die Abwehr des FC Bayern, mehr noch: Seine Verpflichtung war der Startschuss für eine neue große Ära in den Fußstapfen von Beckenbauer, Meier, Müller und Co. Dabei „feierte“ Pfaff einen ungüstigen Einstand. Im ersten Spiel für die Bayern lenkte er einen Einwurf des Bremer Stürmers Reinders ohne viele Umstände in das eigene Tor. Aber Hohn und Spott konnten den bayrischen Belgier nicht stoppen. Zusammen mit Spielern wie Lothar Matthäus, Klaus Augenthaler und Dieter Hoeneß wurde Pfaff drei Mal deutscher Meister und zwei Mal Pokalsieger. 1987 schaffte das Team sogar den Einzug ins Europacup Finale, musste sich dort allerdings mit 2:1 gegen den FC Porto geschlagen geben. 1988 verließ Pfaff die Bayern und wechselte, bereits von vielen Verletzungen geplagt, zum belgischen Erstligisten Lierse. 1990 beendete er seine Karriere in der Türkei. Heute erzählt er als Redner auf Veranstaltungen von den Dingen des Lebens. Vertreten wird er von derselben Agentur, die auch Urs Meier, Carsten Maschmeyer oder Dominik Neidhart vermittelt.
„Kein Stürmer macht dem Jean-Marie was vor“
Gordon Banks, Sepp Maier, Dino Zoff, Lew Jaschin – Jean-Marie Pfaff wird heute in einer Reihe mit den großen Torhütern des europäischen Fußballs genannt. In seinem Heimatland ist Pfaff Kult und hat einen ähnlichen Status wie der Radsuperstar Eddy Merckx. Im Jahr 2003, lange bevor es im deutschen TV „Harald Glööckler“ gab, lief im belgischen Fernsehen die Dokusoap „De Pfaffs“. Wöchentlich 40 Minuten aus dem Leben der Großfamilie Pfaff, die in einer alten Villa in der Nähe von Antwerpen lebt: chaotisch, witzig, unverfälscht. Ob Schwiegersohn Sam – ein Schlagersänger – ab und zu auch einmal den alten Jean-Marie-Hit geschmettert hat, ist leider nicht überliefert. Was Jean Marie Pfaff heute noch so treibt, erfahren Sie in unserer Rubrik: „Was macht eigentlich…?“.