Bundesligafussball

Was war eigentlich die Schande von Gijon?

Im Vorfeld des letzten WM-Vorrundenspiels Deutschlands gegen die USA erinnerten viele Medien an die Schande von Gijon, manche befürchteten eine Wiederholung. Bei der WM 1982 hatten sich die Teams von Deutschland und Österreich bei einer ähnlichen Tabellenkonstellation mit einem Nichtangriffspakt das gemeinsame Weiterkommen in die nächste Runde gesichert.

Nichtangriffspakt: Knapper Sieg Deutschlands reichte beiden

Während heute die beiden letzten Vorrundenspiele einer Gruppe gleichzeitig stattfinden, wurden sie 1982 noch zeitversetzt ausgetragen. Das spielte bei der Schande von Gijon eine große Rolle: In der deutschen Gruppe hatten die Gegner Algerien und Chile schon alle drei Partien bestritten, es fehlte nur noch die Begegnung Deutschland gegen Österreich. Die Deutschen standen auf dem dritten Platz und brauchten einen Sieg. Die Österreicher auf dem ersten Platz konnten dagegen verlieren. Sie durften aber nicht zu viele Tore kassieren, ansonsten wäre neben Deutschland Algerien bei Punktgleichheit mit einem besseren Torverhältnis vorbeigezogen. Zu Beginn sahen die Zuschauer in Gijon einen Sturmlauf der deutschen Mannschaft, der mit einem frühen Tor durch Hrubesch belohnt wurde. In der Folge drangen die Deutschen auf den zweiten Treffer.

Zuschauer und Reporter empört

Doch das Spiel verflachte zusehends. Beide Teams wussten, dass sie sich mit diesem Ergebnis für die nächste Runde qualifizieren würden. Das Spiel entwickelte sich zur Skandal-Partie. Die Spieler stellten offensive Bemühungen ein. Die Mannschaften ließen den Ball in der eigenen Hälfte zirkulieren. Da damals die Rückpassregel noch nicht galt, passten sie ihn häufig zum eigenen Torwart, der ihn aufnahm und in die gegnerische Hälfte abschlug. Dort befand sich aber kein Spieler des eigenen Teams, die Gegner imitierten diese Strategie. Die Stadionbesucher zeigten sich zunehmend ungehalten und winkten mit weißen Tüchern, im Austragungsland Spanien ein Zeichen für großen Unmut. ARD-Kommentator Eberhard Stanjek empörte sich über diese „Schande“ und gebar damit das geflügelte Wort von der Schande von Gijon. Im österreichischen Fernsehen rief Kommentator Robert Seeger die Zuschauer sogar dazu auf, die TV-Geräte auszuschalten.

Rache für Gijon?

Angesichts der Tabellensituation bei der aktuellen WM sagten manche eine mögliche Wiederholung eines solchen Skandals voraus. Den Deutschen und den US-Amerikanern genügte ein Unentschieden zum Weiterkommen. Doch die Pessimisten täuschten sich, ein Nichtangriffspakt blieb aus. Deutschland ging durch Thomas Müller in Führung und verteidigte den Vorsprung bis zum Abpfiff. Die USA qualifizierten sich nur für das Achtelfinale, weil beim Parallelspiel Ghana gegen Portugal verlor. Die Berichterstattung über die Schande von Gijon wird damit aber nicht enden.

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